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Difference between revisions of "MitoFit Traunsee-Bergmarathon"

From Bioblast
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Mitochondrien sind allgemein bekannt als die "Energiekraftwerke" der Zelle und liefern ĂŒber komplexe enzymatische VorgĂ€nge Adenosintriphosphat (ATP), welches als einziger unmittelbarer EnergietrĂ€ger von Zellen unter anderem fĂŒr Sport und Bewegung eine essentielle Rolle spielt. Diese Verbindung aus komplexen Mechanismen ist unter dem Begriff "aerobe Energiebereitstellung" allgemein bekannt. Im Zuge der stattfindenden chemischen AblĂ€ufe zur Gewinnung von ATP werden zellschĂ€digende Verbindungen - so genannte reaktive Sauerstoffspezies (H2O2; O2-) - produziert, welche grundsĂ€tzlich von zellulĂ€ren Abwehrmechanismen wieder abgebaut werden.  
Mitochondrien sind allgemein bekannt als die "Energiekraftwerke" der Zelle und liefern ĂŒber komplexe enzymatische VorgĂ€nge Adenosintriphosphat (ATP), welches als einziger unmittelbarer EnergietrĂ€ger von Zellen unter anderem fĂŒr Sport und Bewegung eine essentielle Rolle spielt. Diese Verbindung aus komplexen Mechanismen ist unter dem Begriff "aerobe Energiebereitstellung" allgemein bekannt. Im Zuge der stattfindenden chemischen AblĂ€ufe zur Gewinnung von ATP werden zellschĂ€digende Verbindungen - so genannte reaktive Sauerstoffspezies (H2O2; O2-) - produziert, welche grundsĂ€tzlich von zellulĂ€ren Abwehrmechanismen wieder abgebaut werden.  


Kommt es jedoch zu einer Überproduktion dieser reaktiven Verbindungen, ist dieses Gleichgewicht gestört und fĂŒhrt zu sogenanntem oxidativen Stress, welcher mit Zellalterung und in Folge dessen mit altersbedingten degenerativen Erkrankungen, wie beispielsweise Krebs, in Verbindung gebracht wird. Laut Untersuchungsergebnissen frĂŒherer Studien fĂŒhrt langfristiges Training zu einer Verminderung von oxidativem Stress in Belastungssituationen. Wie sich jedoch intensive Langzeitbelastungen, wie beispielsweise Ultramarathons, auf die mitochondriale Energiebereitstellung und die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies auswirken, ist bislang jedoch kaum bekannt.
Kommt es jedoch zu einer Überproduktion dieser reaktiven Verbindungen, ist dieses Gleichgewicht gestört und fĂŒhrt zu sogenanntem oxidativen Stress, welcher mit Zellalterung und in Folge dessen mit altersbedingten degenerativen Erkrankungen, wie beispielsweise Krebs, in Verbindung gebracht wird. Laut Untersuchungsergebnissen frĂŒherer Studien fĂŒhrt langfristiges Training zu einer Verminderung von oxidativem Stress in Belastungssituationen. Wie sich jedoch intensive Langzeitbelastungen, wie z.B. Ultramarathons, auf die mitochondriale Energiebereitstellung und die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies auswirken, ist bislang jedoch kaum bekannt.


Erhoffter Studiennutzen liegt in der Erkenntnisgewinnung hinsichtlich akuter Adaption mitochondrialer Energiebereitstellung bei akuten körperlichen Stresssituationen und anschließenden Regenerationsprozessen.
Erhoffter Studiennutzen liegt in der Erkenntnisgewinnung hinsichtlich akuter Adaption mitochondrialer Energiebereitstellung bei akuten körperlichen Stresssituationen und anschließenden Regenerationsprozessen.
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Es wurden 10 mÀnnliche Teilnehmer des Gesamtmarathons (Gmunden - Gmunden; 67 km, 4500 Hm) als Probanden herangezogen. Es wurde an drei Zeitpunkten durch Venenpunktion in der Armbeuge Vollblut entnommen, die Thrombozyten durch verschiedene Zentrifugationsschritte gewonnen und im Oxygraph 2k von OROBOROS INSTRUMENTS mit Hilfe eines speziell angepassten Titrationsprotokolls hinsichtlich ihres mitochondrialen Sauerstoffverbrauchs untersucht.  
Es wurden 10 mÀnnliche Teilnehmer des Gesamtmarathons (Gmunden - Gmunden; 67 km, 4500 hm) als Probanden herangezogen. Es wurde an drei Zeitpunkten durch Venenpunktion in der Armbeuge Vollblut entnommen, die Thrombozyten durch verschiedene Zentrifugationsschritte gewonnen und im Oxygraph-2k von OROBOROS INSTRUMENTS mit Hilfe eines speziellen Titrationsprotokolls hinsichtlich ihres mitochondrialen Sauerstoffverbrauchs untersucht.  




Zeitpunkte zur Blutabnahme:
Zeitpunkte zur Blutabnahme:


* am Tag vor Start zum Marathon (Freitag 03.07.2015; untertags)
* am Tag vor dem Marathonstart (Freitag 03.07.2015; untertags)


* direkt nach Zieleinfauf (Samstag 04.07.2015)
* direkt nach dem Zieleinlauf (Samstag 04.07.2015)


* 24 oder 48h nach Zieleinlauf (dies wird noch fixiert)
* 24 oder 48 h nach Zieleinlauf (dies wird noch fixiert)




Alle Blutabnahmen erfolgten in einem GebĂ€ude beim Start/Zielbereich und werden von Medizinern durchgefĂŒhrt. An allen drei Zeitpunkten wurden weiters ein etwa 2-minutiger Reaktionstest am PC und weitere Parameter hinsichtlich muskulĂ€rer SchĂ€digung und EntzĂŒndungsparameter erhoben.
Alle Blutabnahmen erfolgten in einem GebĂ€ude beim Start/Zielbereich und wurden von Medizinern durchgefĂŒhrt. An allen drei Zeitpunkten wurden weiters ein etwa 2-minutiger Reaktionstest am PC und weitere Parameter hinsichtlich muskulĂ€rer SchĂ€digung und EntzĂŒndungsparameter erhoben.




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Aus dem entnommenen Blut wurden verschiedene Parameter erhoben
Aus dem entnommenen Blut wurden verschiedene Parameter erhoben, wie z.B.:


* respirometrische und fluorometrische Werte der Thrombozyten: Mitochondriale Atmung und Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies
* respirometrische und fluorometrische Werte der Thrombozyten: Mitochondriale Atmung und Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS)


* kleines Blutbild: Konzentration von Erythrozyten, Thrombozyten, Leukozyten; HĂ€matokrit-, HĂ€moglobinwerte
* kleines Blutbild: Konzentration von Erythrozyten, Thrombozyten, Leukozyten; HĂ€matokrit- und HĂ€moglobinwerte


* verschiedene Leber und Nierenwerte zur Erhebung muskulĂ€rer SchĂ€digung und EntzĂŒndungsparameter (Kreatinkinase; Laktatdehydrogenase, Kreatinin, Konzentrationen verschiedener Elektrolyte)
* verschiedene Leber und Nierenwerte zur Erhebung muskulĂ€rer SchĂ€digung und EntzĂŒndungsparameter (Kreatinkinase; Laktatdehydrogenase, Kreatinin, Konzentrationen verschiedener Elektrolyte)


* Joice Reaction Test: Messung psychomotorischer Geschwindigkeit vor/nach Belastung
* Joice Reaction Time Test: Messung psychomotorischer Geschwindigkeit und Reaktionszeit vor/nach Belastung. Das Messprinzip beruht auf einer möglichst schnellen und korrekten Reaktion bei mehreren möglichen Auswahloptionen (http://www.cogtest.com/tests/cognitive_int/crtflash1.html)




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| Gewicht [kg]|| 79,8 || 67 || 93  
| Gewicht [kg]|| 79,8 || 67 || 93  
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| BMI [km/mÂČ]|| 24,9 || 20,7 || 31,4  
| BMI [kg/mÂČ]|| 24,9 || 20,7 || 31,4  
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| Ruheherzfrequenz [bpm]|| 56 || 44 || 72  
| Ruheherzfrequenz [bpm]|| 56 || 44 || 72  
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Abb. 1: Alter (Jahre), Gewicht (kg), BMI (km/mÂČ), Ruheherzfrequenz (SchlĂ€ge/min), Trainingsstunden pro Woche (Stunden) der Teilnehmer, dargestellt im Durchschnitt, Minimum und Maximum.
Abb. 1: Alter (Jahre), Gewicht (kg), BMI (kg/mÂČ), Ruheherzfrequenz (SchlĂ€ge/min), Trainingsstunden pro Woche (Stunden) der Teilnehmer, dargestellt im Durchschnitt, Minimum und Maximum.




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| Frequenz avg. [bpm] || 134 || 121 || 145
| Frequenz avg. [bpm] || 134 || 121 || 145
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| Frequenz max.|| 172 || 160 || 183  
| Frequenz max. [bpm] || 172 || 160 || 183  
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Abb. 2: Gesamtlaufzeit (Stunden), Durchschnittsgeschwindigkeit (km/h), durchschnittliche Herzfrequenz im Wettkampf (SchlÀge/min), maximal erreichte Herzfrequenz (SchlÀge/min) der Teilnehmer wÀhrend des Wettkampfes, dargestellt im Durchschnitt, Minimum und Maximum.
Tab. 2: Gesamtlaufzeit (Stunden), Durchschnittsgeschwindigkeit (km/h), durchschnittliche Herzfrequenz im Wettkampf (SchlÀge/min), maximal erreichte Herzfrequenz (SchlÀge/min) der Teilnehmer wÀhrend des Wettkampfes, dargestellt im Durchschnitt, Minimum und Maximum.






'''Joice Reaction Test'''
'''Joice Reaction Time Test'''


{| class="wikitable"
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! !!  PRE-POST !! PRE-REC
! !!  PRE !! POST !! REC
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| Änderung TTR [%] || +11,5 || +0,2  
| Änderung TTR [%] || 0 || +11,5 || +0,2  
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[[File:Total reaction time.png|300px]]
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Abb. 3: Änderung der Reaktionszeit des Joice Reaction Test (TTR = total reaction time) im Vergleich Messung 1 und 2 (PRE-POST) bzw. Messung 1 und 3 (PRE-REC) tabellarisch und graphisch dargestellt.
Tab. 3: Änderung der mittels des Joice Reaction Time Tests erhobenen Reaktionszeiten [ms] (TTR = total reaction time) im Vergleich. Messung 1 und 2 (PRE-POST) bzw. Messung 1 und 3 (PRE-REC) tabellarisch und graphisch dargestellt.




Die Reaktionszeit war im Vergleich vor dem Wettkampf [PRE] vs. direkt nach dem Wettkampf [POST] stark erhöht (+11,5% Reaktionszeit). Dieser Wert ist 24 Stunden nach dem Zielfinish [REC] wieder nahezu am Ausgangswert. Die psychomotorische LeistungsfÀhigkeit ist demnach direkt nach dem Wettkampf eingeschrÀnkt aber bereits nach 24 h wiederhergestellt.
Die Reaktionszeit war im Vergleich vor dem Wettkampf (PRE) vs. direkt nach dem Wettkampf [POST] stark erhöht (+11,5% Reaktionszeit). Dieser Wert ist 24 Stunden nach dem Zielfinish (REC) wieder nahezu am Ausgangswert. Die psychomotorische LeistungsfÀhigkeit ist demnach direkt nach dem Wettkampf eingeschrÀnkt aber bereits nach 24 h wiederhergestellt.




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Die Zusammensetzung der zellulĂ€ren Bestandteile des Blutes war durch die Belastung stark beeinflusst. WĂ€hrend die Erythrozyten- (rote Blutkörperchen) und Thrombozytenkonzentration (BlutplĂ€ttchen) weitgehend an allen drei Erhebungszeitpunkten gleich geblieben ist, hat sich die Zahl der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) stark verĂ€ndert. Die Gesamtanzahl der Leukozyten ist direkt nach dem Zieleinlauf um +134,2% erhöht gewesen, erreichte nach 24 h Regeneration aber nahezu wieder Ausgangswerte (+2.2 % im Vergleich PRE-REC).
Die Zusammensetzung der zellulĂ€ren Bestandteile des Blutes war durch die Belastung stark beeinflusst. WĂ€hrend die Erythrozyten- (rote Blutkörperchen) und Thrombozytenkonzentration (BlutplĂ€ttchen) weitgehend an allen drei Erhebungszeitpunkten gleich geblieben ist, hat sich die Zahl der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) stark verĂ€ndert. Die Gesamtanzahl der Leukozyten war direkt nach dem Zieleinlauf um +134,2% erhöht, erreichte nach 24 h Regeneration aber nahezu wieder den Ausgangswert (+2.2 % im Vergleich PRE-REC).




[[File:Leukozyten.png|300px]]
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Abb. 4: Leukozytenkonzentration vor; nach Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung
Abb. 1: Leukozytenkonzentration vor und nach dem Wettkampf bzw. 24 h nach der Belastung.






Leukozyten kann man grob in Lymphozyten, Monozyten und Neutrophile einteilen, wobei diese Untergruppen sehr divers auf die langfristige Belastung reagiert haben. WĂ€hrend die Lymphozyten einen RĂŒckgang ihrer Konzentration direkt nach dem Finish aufzeigen (-19,5 %), ist die Monozytenkonzentration (+170 %) und Zahl der Neutrophile (+213 %) stark erhöht. Mit Ausnahme der Monozyten sind die Werte 24 h nach Belastungwieder auf den Ausgangswert gesunken (Vergleich PRE-REC: Lymphoz: +4,6 %; Neutroph: -1,5%; Monoz: +35,9 %). Dieses Muster wurde bereits in frĂŒheren Untersuchungen aufgezeigt und zeugt von einer massiven aber vorĂŒbergehenden BeeintrĂ€chtigung des Immunsystems, welche mit deutlich erhöhter Infektwahrscheinlichkeit einhergeht.
Leukozyten kann man grob in Lymphozyten, Monozyten und Neutrophile einteilen, wobei diese Untergruppen sehr divers auf die langfristige Belastung reagiert haben. WĂ€hrend die Lymphozyten einen RĂŒckgang ihrer Konzentration direkt nach dem Finish gegenĂŒber vor dem Wettkampf aufzeigen (-19,5 %), ist die Monozytenkonzentration (+170 %) und Zahl der Neutrophilen (+213 %) stark erhöht. Mit Ausnahme der Monozyten sind die Werte 24 h nach Belastungwieder auf den Ausgangswert gesunken (Vergleich PRE-REC: Lymphozyten: +4,6 %; Neutrophile: -1,5%; Monozyten: +35,9 %). Dieses Muster wurde bereits in frĂŒheren Untersuchungen aufgezeigt und zeugt von einer massiven aber vorĂŒbergehenden BeeintrĂ€chtigung des Immunsystems, welche mit deutlich erhöhter Infektwahrscheinlichkeit einhergeht.




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[[File:Neutrophile.png|300px]]


Abb. 5: Konzentration von Lymphozyten, Monozyten und Neutrophilen vor; nach Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung
Abb. 2: Konzentration von Lymphozyten, Monozyten und Neutrophilen vor und nach dem Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung




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[[File:Lactate dehydrogenase.png|300px]]


Abb. 6: Konzentration von Kreatinkinase und Laktatdehydrogenase vor; nach Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung
Abb. 3: Konzentration von Kreatinkinase und Laktatdehydrogenase vor und nach dem Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung




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! !!  PRE-POST !! PRE-REC
! !!  PRE-POST !! PRE-REC
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| Kalium [%] || +7,8 % || +12,1%
| Kalium [%] || +7,8 || +12,1
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| Natrium [%] || -1,6% || -0,4%
| Natrium [%] || -1,6 || -0,4
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| Calcium [%] || +12,1 || -3,7
| Calcium [%] || +12,1 || -3,7
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Abb. 7: Konzentration von Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium im Vergleich PRE-POST und PRE-REC
Tab. 4: Konzentration von Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium im Vergleich PRE-POST und PRE-REC






'''Ergebnisse mitochondriale Respirometrie'''
'''Ergebnisse der mitochondrialen Respirometrie'''




Die Ergebnisse der Respirometrie mit dem Oxygraph von OROBOROS sind nach wie vor nicht eindeutig und werden noch bearbeitet. Nach derzeitigem Stand sind aus statistischer Sicht keine signifikanten Unterschiede PRE-POST so wie PRE-REC zu finden. Die ROUTINE-Atmung der Thrombozyten ist im Vergleich PRE-POST um 9,17 % erhöht, was auf eine erhöhte AktivitĂ€t der Mitochondrien der Thrombozyten schließen lĂ€sst. Die maximale oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) war nach dem Zieleinlauf um -12 % verringert und reduziert sich nach 24 h Stunden Regeneration weiter auf -23%. Dies könnte auf eine SchĂ€digung auf mitochondrialer Ebene durch wĂ€hrend der Belastung erzeugte reaktive Sauerstoffspezies hindeuten.
Die Ergebnisse der respirometrischen Analysen menschlicher Thrombozyten mit dem Oxygraph-2k (Oroboros Instruments, Innsbruck) sind bisher nicht eindeutig erklĂ€rt. Nach derzeitigem Stand sind aus statistischer Sicht keine signifikanten Unterschiede PRE-POST so wie PRE-REC zu finden. Die ROUTINE-Atmung der Thrombozyten ist im Vergleich PRE-POST um 9,17 % erhöht, was auf eine erhöhte AktivitĂ€t der Mitochondrien der Thrombozyten schließen lĂ€sst. Die maximale oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) war nach dem Zieleinlauf um -12 % verringert und reduziert sich nach 24 h Stunden Regeneration weiter auf -23%. Dies könnte auf eine SchĂ€digung auf mitochondrialer Ebene durch wĂ€hrend der Belastung erzeugte reaktive Sauerstoffspezies hindeuten.




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[[File:Routine.png|300px]]


Abb. 8: ROUTINE-Atmung (Routine resp.) und oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) an allen drei Messzeitpunkten
Abb. 4: ROUTINE-Atmung (Routine resp.) und oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) an allen drei Messzeitpunkten






Auch wenn die mitochondriale Energiebereitstellung VerÀnderungen aufzeigt, werden diese nicht von statistischen Unterschiedstests als relevant erachtet. Auch Miteinbezug von zusÀtzlichen Variablen (Trainingszeit/Woche, Alter, BMI) konnten in der mitochondrialen Energiebereitstellung keine statistischen Unterschiede aufgezeigt werden.
Auch wenn die mitochondriale Energiebereitstellung VerÀnderungen aufzeigt, werden diese nicht von statistischen Unterschiedstests als relevant erachtet. Auch bei Miteinbeziehung von zusÀtzlichen Variablen (Trainingszeit/Woche, Alter, BMI) konnten in der mitochondrialen Energiebereitstellung keine statistischen Unterschiede aufgezeigt werden.


Bezieht man jedoch Laufzeit bzw. durchscnittliche Laufgeschwindigkeit als Kovariablen in die Statistik mit ein, kann ein Effekt aufgezeigt werden. Eine gesteigerte Laufgeschwindigkeit wirkt sich somit direkt auf die mitochondriale Energiebereitstellung der Thrombozyten aus.
Bezieht man jedoch die Laufzeit bzw. die durchscnittliche Laufgeschwindigkeit als Kovariablen in die Statistik mit ein, kann ein Effekt aufgezeigt werden. Eine gesteigerte Laufgeschwindigkeit wirkt sich somit direkt auf die mitochondriale Energiebereitstellung der Thrombozyten aus. Eine Interpretation der Ergebnisse der mitochondrialen Respirometrie auf Basis der bisherigen Auswertung ist nicht eindeutig möglich. Es werden weitere Analysen durchgefĂŒhrt, um ein besseres VerstĂ€ndnis der vorliegenden Daten zu gewĂ€hrleisten.

Revision as of 15:36, 27 October 2015

Probandeninformation fĂŒr Teilnehmer an der Studie

"Effects of ultramarathon performance on mitochondrial respiration in human platelets"


Wissenschaftliche Forschung beim Bergmarathon rund um den Traunsee

Wissenschaftlicher Hintergrund:

Mitochondrien sind allgemein bekannt als die "Energiekraftwerke" der Zelle und liefern ĂŒber komplexe enzymatische VorgĂ€nge Adenosintriphosphat (ATP), welches als einziger unmittelbarer EnergietrĂ€ger von Zellen unter anderem fĂŒr Sport und Bewegung eine essentielle Rolle spielt. Diese Verbindung aus komplexen Mechanismen ist unter dem Begriff "aerobe Energiebereitstellung" allgemein bekannt. Im Zuge der stattfindenden chemischen AblĂ€ufe zur Gewinnung von ATP werden zellschĂ€digende Verbindungen - so genannte reaktive Sauerstoffspezies (H2O2; O2-) - produziert, welche grundsĂ€tzlich von zellulĂ€ren Abwehrmechanismen wieder abgebaut werden.

Kommt es jedoch zu einer Überproduktion dieser reaktiven Verbindungen, ist dieses Gleichgewicht gestört und fĂŒhrt zu sogenanntem oxidativen Stress, welcher mit Zellalterung und in Folge dessen mit altersbedingten degenerativen Erkrankungen, wie beispielsweise Krebs, in Verbindung gebracht wird. Laut Untersuchungsergebnissen frĂŒherer Studien fĂŒhrt langfristiges Training zu einer Verminderung von oxidativem Stress in Belastungssituationen. Wie sich jedoch intensive Langzeitbelastungen, wie z.B. Ultramarathons, auf die mitochondriale Energiebereitstellung und die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies auswirken, ist bislang jedoch kaum bekannt.

Erhoffter Studiennutzen liegt in der Erkenntnisgewinnung hinsichtlich akuter Adaption mitochondrialer Energiebereitstellung bei akuten körperlichen Stresssituationen und anschließenden Regenerationsprozessen.


Studienablauf:

Es wurden 10 mÀnnliche Teilnehmer des Gesamtmarathons (Gmunden - Gmunden; 67 km, 4500 hm) als Probanden herangezogen. Es wurde an drei Zeitpunkten durch Venenpunktion in der Armbeuge Vollblut entnommen, die Thrombozyten durch verschiedene Zentrifugationsschritte gewonnen und im Oxygraph-2k von OROBOROS INSTRUMENTS mit Hilfe eines speziellen Titrationsprotokolls hinsichtlich ihres mitochondrialen Sauerstoffverbrauchs untersucht.


Zeitpunkte zur Blutabnahme:

  • am Tag vor dem Marathonstart (Freitag 03.07.2015; untertags)
  • direkt nach dem Zieleinlauf (Samstag 04.07.2015)
  • 24 oder 48 h nach Zieleinlauf (dies wird noch fixiert)


Alle Blutabnahmen erfolgten in einem GebĂ€ude beim Start/Zielbereich und wurden von Medizinern durchgefĂŒhrt. An allen drei Zeitpunkten wurden weiters ein etwa 2-minutiger Reaktionstest am PC und weitere Parameter hinsichtlich muskulĂ€rer SchĂ€digung und EntzĂŒndungsparameter erhoben.


Erhobene Parameter:

Aus dem entnommenen Blut wurden verschiedene Parameter erhoben, wie z.B.:

  • respirometrische und fluorometrische Werte der Thrombozyten: Mitochondriale Atmung und Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS)
  • kleines Blutbild: Konzentration von Erythrozyten, Thrombozyten, Leukozyten; HĂ€matokrit- und HĂ€moglobinwerte
  • verschiedene Leber und Nierenwerte zur Erhebung muskulĂ€rer SchĂ€digung und EntzĂŒndungsparameter (Kreatinkinase; Laktatdehydrogenase, Kreatinin, Konzentrationen verschiedener Elektrolyte)
  • Joice Reaction Time Test: Messung psychomotorischer Geschwindigkeit und Reaktionszeit vor/nach Belastung. Das Messprinzip beruht auf einer möglichst schnellen und korrekten Reaktion bei mehreren möglichen Auswahloptionen (http://www.cogtest.com/tests/cognitive_int/crtflash1.html)


Ergebnisse:

Daten, welche an allen drei Messzeitpunkten erhoben worden sind, wurden hinsichtlich ihrer VerÀnderung vor vs. direkt nach Belastung (Messzeitpunkt 1 und 3: PRE-POST) bzw. vor vs. nach 24 h Regeneration (Messzeitpunkt 1 und 3: PRE-REC) ausgewertet und dargestellt. Dies gibt Einblick in akute VerÀnderung bzw. wie weit sich der Parameter nach 24 h Regeneration wieder dem Ausgangswert angepasst hat.


Probandendaten:


Durchschnitt Minimum Maximum
Alter [a] 39,9 26 45
Gewicht [kg] 79,8 67 93
BMI [kg/mÂČ] 24,9 20,7 31,4
Ruheherzfrequenz [bpm] 56 44 72
Training/Woche [h] 8 4 15

Abb. 1: Alter (Jahre), Gewicht (kg), BMI (kg/mÂČ), Ruheherzfrequenz (SchlĂ€ge/min), Trainingsstunden pro Woche (Stunden) der Teilnehmer, dargestellt im Durchschnitt, Minimum und Maximum.


Wettkampfdaten:

Durchschnitt Minimum Maximum
Zeit [h] 12,9 9,7 16,1
Geschw. avg. [km/h] 5 3,2 6,5
Frequenz avg. [bpm] 134 121 145
Frequenz max. [bpm] 172 160 183

Tab. 2: Gesamtlaufzeit (Stunden), Durchschnittsgeschwindigkeit (km/h), durchschnittliche Herzfrequenz im Wettkampf (SchlÀge/min), maximal erreichte Herzfrequenz (SchlÀge/min) der Teilnehmer wÀhrend des Wettkampfes, dargestellt im Durchschnitt, Minimum und Maximum.


Joice Reaction Time Test

PRE POST REC
Änderung TTR [%] 0 +11,5 +0,2


Total reaction time.png

Tab. 3: Änderung der mittels des Joice Reaction Time Tests erhobenen Reaktionszeiten [ms] (TTR = total reaction time) im Vergleich. Messung 1 und 2 (PRE-POST) bzw. Messung 1 und 3 (PRE-REC) tabellarisch und graphisch dargestellt.


Die Reaktionszeit war im Vergleich vor dem Wettkampf (PRE) vs. direkt nach dem Wettkampf [POST] stark erhöht (+11,5% Reaktionszeit). Dieser Wert ist 24 Stunden nach dem Zielfinish (REC) wieder nahezu am Ausgangswert. Die psychomotorische LeistungsfÀhigkeit ist demnach direkt nach dem Wettkampf eingeschrÀnkt aber bereits nach 24 h wiederhergestellt.


Ergebnisse Blutbild


Die Zusammensetzung der zellulĂ€ren Bestandteile des Blutes war durch die Belastung stark beeinflusst. WĂ€hrend die Erythrozyten- (rote Blutkörperchen) und Thrombozytenkonzentration (BlutplĂ€ttchen) weitgehend an allen drei Erhebungszeitpunkten gleich geblieben ist, hat sich die Zahl der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) stark verĂ€ndert. Die Gesamtanzahl der Leukozyten war direkt nach dem Zieleinlauf um +134,2% erhöht, erreichte nach 24 h Regeneration aber nahezu wieder den Ausgangswert (+2.2 % im Vergleich PRE-REC).


Leukozyten.png

Abb. 1: Leukozytenkonzentration vor und nach dem Wettkampf bzw. 24 h nach der Belastung.


Leukozyten kann man grob in Lymphozyten, Monozyten und Neutrophile einteilen, wobei diese Untergruppen sehr divers auf die langfristige Belastung reagiert haben. WĂ€hrend die Lymphozyten einen RĂŒckgang ihrer Konzentration direkt nach dem Finish gegenĂŒber vor dem Wettkampf aufzeigen (-19,5 %), ist die Monozytenkonzentration (+170 %) und Zahl der Neutrophilen (+213 %) stark erhöht. Mit Ausnahme der Monozyten sind die Werte 24 h nach Belastungwieder auf den Ausgangswert gesunken (Vergleich PRE-REC: Lymphozyten: +4,6 %; Neutrophile: -1,5%; Monozyten: +35,9 %). Dieses Muster wurde bereits in frĂŒheren Untersuchungen aufgezeigt und zeugt von einer massiven aber vorĂŒbergehenden BeeintrĂ€chtigung des Immunsystems, welche mit deutlich erhöhter Infektwahrscheinlichkeit einhergeht.


Lymphocyte.png Monocyte.png Neutrophile.png

Abb. 2: Konzentration von Lymphozyten, Monozyten und Neutrophilen vor und nach dem Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung


Die Kreatinkinase ist ein Marker fĂŒr muskulĂ€re SchĂ€digung, wobei der Grad der SchĂ€digung direkt mit der Erhöhung der Werte korreliert. Kreatinkinase ist ein in der Zelle befindliches Enzym, welches bei mikroskopisch kleinen Muskelverletzungen in die Blutbahn ausgespĂŒlt wird und dort gemessen werden kann. Der stark gesteigerte Wert nach Zielfinish (PRE-POST: +1286 %) deutet auf erhebliche SchĂ€digung des Muskelgewebes hin, wobei der Wert nach 24 h Regenerationszeit weiter gesteigert war (PRE-REC: +1444 %). ErklĂ€rung findet sich im lĂ€ngerfristigen Heilungsprozess von mikroskopischen Verletzungen und im langsamen Ausschwemmen von Kreatinkinase in das Blut.

Laktatdehydrogenase ist ebenfalls ein körpereigenes Enzym, welches durch lysierende Zellen (SchĂ€digung oder Auflösung der Ă€ußeren Zellmembran) freigesetzt wird und damit ebenfalls einen Marker fĂŒr muskulĂ€re SchĂ€digung darstellt. Dieser Wert war direkt nach Wettkampfende (PRE-POST: +73,2 %) deutlich erhöht, auch nach 24 Regeneration findet sich noch eine deutliche Erhöhung (PRE-REC: +46,6 %)


Kreatinkinase.png Lactate dehydrogenase.png

Abb. 3: Konzentration von Kreatinkinase und Laktatdehydrogenase vor und nach dem Wettkampf bzw. 24 h nach Belastung


Der Elektrolythaushalt (Kalium, Natrium, Kalzium, Magnesium) war direkt nach Belastungsende unerwartungsgemĂ€ĂŸ etwas erhöht. Dies könnte auf intensiven Konsum von elektrolythaltigen SportgetrĂ€nken wĂ€hrend des Laufes zurĂŒckzufĂŒhren sein.


Änderung Elektrolytkonzentration

PRE-POST PRE-REC
Kalium [%] +7,8 +12,1
Natrium [%] -1,6 -0,4
Calcium [%] +12,1 -3,7
Magnesium [%] +7.3 +7,7%

Tab. 4: Konzentration von Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium im Vergleich PRE-POST und PRE-REC


Ergebnisse der mitochondrialen Respirometrie


Die Ergebnisse der respirometrischen Analysen menschlicher Thrombozyten mit dem Oxygraph-2k (Oroboros Instruments, Innsbruck) sind bisher nicht eindeutig erklĂ€rt. Nach derzeitigem Stand sind aus statistischer Sicht keine signifikanten Unterschiede PRE-POST so wie PRE-REC zu finden. Die ROUTINE-Atmung der Thrombozyten ist im Vergleich PRE-POST um 9,17 % erhöht, was auf eine erhöhte AktivitĂ€t der Mitochondrien der Thrombozyten schließen lĂ€sst. Die maximale oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) war nach dem Zieleinlauf um -12 % verringert und reduziert sich nach 24 h Stunden Regeneration weiter auf -23%. Dies könnte auf eine SchĂ€digung auf mitochondrialer Ebene durch wĂ€hrend der Belastung erzeugte reaktive Sauerstoffspezies hindeuten.


Oxphos.png Routine.png

Abb. 4: ROUTINE-Atmung (Routine resp.) und oxidative Phosphorylierung (OXPHOS) an allen drei Messzeitpunkten


Auch wenn die mitochondriale Energiebereitstellung VerÀnderungen aufzeigt, werden diese nicht von statistischen Unterschiedstests als relevant erachtet. Auch bei Miteinbeziehung von zusÀtzlichen Variablen (Trainingszeit/Woche, Alter, BMI) konnten in der mitochondrialen Energiebereitstellung keine statistischen Unterschiede aufgezeigt werden.

Bezieht man jedoch die Laufzeit bzw. die durchscnittliche Laufgeschwindigkeit als Kovariablen in die Statistik mit ein, kann ein Effekt aufgezeigt werden. Eine gesteigerte Laufgeschwindigkeit wirkt sich somit direkt auf die mitochondriale Energiebereitstellung der Thrombozyten aus. Eine Interpretation der Ergebnisse der mitochondrialen Respirometrie auf Basis der bisherigen Auswertung ist nicht eindeutig möglich. Es werden weitere Analysen durchgefĂŒhrt, um ein besseres VerstĂ€ndnis der vorliegenden Daten zu gewĂ€hrleisten.